»Was ist mehr wert: Kunst oder Leben?« Mit dieser Frage beginnt das kurze Statement der beiden Aktivistinnen (Umweltschützerinnen der Gruppe »Just Stop Oil«), nachdem sie im Oktober 2022 in der Londoner »National Gallery« van Goghs Werk »Sonnenblumen« mit Tomatensuppe überschüttet haben. Ihre Botschaft: »In Zeiten von Klimakatastrophe, Krieg und weltweitem Hunger sollen wir uns mehr um unseren Planeten als um unsere Kulturschätze kümmern; Leben schlägt Kunst, das Überleben in der globalen Krise ist wichtiger als das Sichverlieren in ästhetischen Artefakten.«
Entsprechend haben Lernende und Lehrende im Kunstunterricht der Q1 im Rahmen des Unterrichtsvorhabens »Von Bildnistypen zu individueller Identitätsentwicklung« nach dem Stellenwert Ästhetischer Forschung mit ihren Bezugsfeldern Alltag, Kunst und Wissenschaft gefragt – und dies gerade in Zeiten tiefgreifender globaler Krisen; beispielhaft zu nennen sind die Klimakatastrophe, Krieg, weltweiter Hunger, aber auch Pandemie und Inflation.
Die Frage und die Suche nach dem Ich, nach der eigenen Identität in einer von Krisen bedrohten Welt, die häufig unwichtig erscheint und in den Hintergrund rückt, gewinnt insofern Potential, als Krisen das Ich prägen und vielleicht einen anderen Modus der Welterfahrung und -beziehung eröffnen. Krisen können sich nicht nur zerstörerisch auswirken, sondern auch positive Veränderungen einleiten, in kleinen Momenten, Erfahrungen und Hoffnungen, die in der Kunst, in den Kunstwerken der Schülerinnen und Schüler zum Ausdruck kommen. Die Arbeiten eröffnen sehr persönliche Einblicke und können, müssen aber nicht autobiographisch gelesen werden. Kunst ist Leben.
Um den Dialog über Krisen zu eröffnen, stellten Schüler/-innen der Q1 von Frau Hundenborn sowie Schüler/-innen verschiedener Jahrgangsstufen von Herrn Blumenschein am 24. Januar 2024 in der Schulkapelle ihre Arbeiten aus. Die Kunstwerke luden ein zu einer dialogischen Kommunikation über Krisen, deren zerstörerische Auswirkungen auf die eigene Person (z. B. Depression, Traurigkeit, Verletzung, Angst), aber auch die Möglichkeit eines Neuanfangs und Neubeginns: »Das bin ich!« (Charlotte Faßbender, Q1).
Eingebunden war die Kunstausstellung in eine schulpastorale Veranstaltungsreihe, die in mehrwöchigen Abständen in der Kapelle der Schule unter der Leitung von Herrn Janzing stattfindet. So begleitete die Schülerin Emilia Hüttche die Vernissage musikalisch und präsentierte in Begleitung ihres Musiklehrers Herrn Janzing verschiedene Werke an der Harfe.
Die Schülerinnen und Schüler (Q1) von Frau Hundenborn stellten den anwesenden Gästen ihre künstlerisch‑praktischen Arbeiten kurz vor und standen im Anschluss an die digitale Präsentation und den Gallery Walk den Gästen für weitere Gespräche gerne zur Verfügung:
- Charlotte Faßbender + Paula Leppich: The day will come… (Film)
- Frida Gericke + Lina Voege: Identitätsverlust durch Depression (animierter Zeichentrick)
- Sophie Vogt: Marmeladenglasmomente (Stop-Motion-Film)
- Julia Lielischkis + Louisa Wiltshire (Q2): »Awakening« (Film – Kunstlehrer: Herr Blumenschein)
- Christina Abkarie: Negative Beeinflussung des Selbstwertgefühls (Environment / Arbeit mit Schwarzlicht)
- Eva Wiener: Selbstwahrnehmung (Das Umfeld beeinflusst die Selbstwahrnehmung. / Der Blick in den Spiegel) / Installation mit Einbindung des Rezipienten (Arbeit mit Licht)
- Lenja Sigel: Identitätssuche – Social Media (Identitätssuche beeinflusst durch Social Media) / Environment (Arbeit mit Licht)
- Avin Aziz Kadir + Sina Aurora Kappi: »Realität vs. Vorstellung« / Collage
- Thea Giefer: Identität und Gesellschaft (Die eigene Identität gegen die Gesellschaft) / Installation
- Henri Redeker: Wer bin ich? (Installation/Objekt mit Einbindung des Rezipienten)
- Mira Stern: Grün (Plastik)
- Hugo Wolf: Die Wahl (Zeichenstudie mit Einbindung des Rezipienten)
- Schüler/-innen verschiedener Jahrgangsstufen: Zeichnung/Malerei/Plastik – Kunstlehrer: Herr Blumenschein
So entstanden während der Kunstausstellung für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für die Gäste – Eltern, Freunde und Lehrkräfte – inspirierende Anregungen, Impulse, Irritationen, konstruktive Kritik und weiterführende Gedanken.
Die Schülerinnen und Schüler sowie Frau Hundenborn und Herr Blumenschein bedanken sich für Momente des Sichverlierens in der Kunst.
(Hun)