Im Rahmen der im ersten Halbjahr des Schuljahres 2021/2022 im Kunstunterricht der Sekundarstufe II von Frau Hundenborn durchgeführten Unterrichtsvorhaben »Ästhetische Forschung zum Thema ›Emotion‹« (EF) und »Von Bildnistypen zu individueller Identitätsentwicklung« (Q1) entstanden drei ausgezeichnete Werke, welche die Lehrkraft aufgrund ihrer besonderen Aussagekraft und Qualität für den Jugendkunstpreis 2022 eingereicht hat. Für die Teilnahme war auch in diesem Jahr kein Thema vorgegeben. Die besten Arbeiten, zu denen die drei Werke von Clara Schulte und Eva Tintelott (»Die Maske des Glücks«), von Fabian Schunk und Johannes Uhlenbroch (»einer von vielen«) und Lazaros Telidis (»Zwischen Wunsch, Hoffnung und Realität«) gehören, wurden für eine Ausstellung im Bonner »Haus an der Redoute« (23.07.22—11.08.22) ausgewählt; bei der Prämierung werden von der Jury der Grad der selbstständigen Leistung, der Beherrschung von ästhetischen Verfahren und Techniken sowie die Bedeutsamkeit der inhaltlichen Aussage berücksichtigt.
Die Schülerinnen und Schüler beschreiben ihre Arbeiten wie folgt:
Clara Schulte und Eva Tintelott (EF): »Wir haben unseren Werktitel »Die Maske des Glücks« so gewählt, weil unsere Arbeit die glückliche Maske symbolisieren soll, die man »aufsetzt«, wenn man seine wahren Emotionen und Gefühle verstecken möchte.
Die bunt bemalte und mit Glitzer beklebte Gipsmaske steht für die Freude, die zu fühlen man anderen gegenüber häufig vorgibt. Die Maske haben wir ausgesucht, um zu zeigen, dass jeder mit diesen Gefühlen zu kämpfen hat. Der schwarze Untergrund drückt jedoch die Emotionen aus, welche man eigentlich fühlt, die zu zeigen man sich jedoch nicht traut.
Für unser Projekt/unsere künstlerisch-praktische Arbeit haben wir uns unbekannte Personen unterschiedlichen Alters gefragt, warum sie in bestimmten Situationen ihre Gefühle und Emotionen nicht zeigen wollen oder können. Diese Aussagen haben wir auf den Malgrund geschrieben, welcher den Hintergrund für die Gipsmaske darstellt; zugleich werden diese Interviewsequenzen, während sich der Betrachter mit dem Werk auseinandersetzt, über eine Audiodatei abgespielt, um zu zeigen, dass dieses Verhalten kein Einzelfall ist, sondern dass jeder mit seinen Gefühlen, die man nicht zeigen möchte, zu kämpfen hat – egal, wie alt man ist oder woher man kommt.
Mit unserem Projekt wollen wir den Rezipienten dazu anregen, über sein eigenes Verhalten in Bezug auf negative Emotionen und Gefühle nachzudenken. Jeder soll sich die Frage stellen, ob er diese auch versteckt und aus welchen Gründen. Außerdem wollen wir die Botschaft vermitteln, dass es hilfreich, authentisch und ehrlich ist, seine Gefühle und Emotionen frei zu zeigen, und man mit »dunklen« Gefühlen wie Einsamkeit, Angst, Scham, Sorge oder Trauer offen umgehen kann und sollte.«
Fabian Schunk und Johannes Uhlenbroch (Q1): »Das Projekt »einer von vielen« ist eine sowohl digitale als auch analoge Arbeit zum Thema »Identität«. Sie verwendet sowohl das Medium »Videofilm« als auch eine fotografische Collage (als »plastische« Arbeit) durch das am Ende gezeigte Fragezeichen.
Die dargestellten Rückenfiguren (in Anlehnung an C. D. Friedrich) verdeutlichen die Ernsthaftigkeit der Thematik, die transportiert werden soll, und lassen den Betrachter als eine Person von vielen – als »einer von vielen« (Werktitel) erscheinen. Der Rezipient soll sich, indem er das Werk ansieht, über eine Geschichte, eine Erfahrung, ein Erlebnis Gedanken machen, die seine Identität ausmacht und geprägt hat. Durch die Plastizität des Fragezeichens erhält das Projekt eine Langlebigkeit und kann auch nach dem Abspielen des Videos als eigenes Projekt bestehen. Die Rückenfiguren auf dem Fragezeichen bestehen unabhängig von dem Video, jedoch sollen sich das »plastische« Fragezeichen mit der fotografischen Collage und das Video wechselseitig ergänzen, gehören also zusammen.
Die aufgenommenen Personen wurden technisch vom Hintergrund losgelöst, um den Fokus auf die Geschichte und die erzählende Person zu lenken und eine mögliche Irritation durch den Hintergrund zu verhindern. Des Weiteren ist die Darstellung mit einem Schwarz-Weiß Filter belegt, damit störende Farben nicht zu sehen sind, was nochmals den Blick des Rezipienten lenkt – zum einen auf die Geschichte, welche die Identität ausmacht, und zum anderen auf die Person, welche sie erzählt.
Die Fotografien, welche in unserem Projekt verwendet werden, sind nicht nur aufschlussreich im Hinblick auf die künstlerische Gestaltung, sondern auch in Bezug auf das Thema »Identität«. »Was macht meine Identität aus?« ist eine Frage, welche in unserem Projekt immer wieder mit Bezug zu den Rückenfiguren (Fotografien) auftaucht. Diese Frage, welche wir den in der Brühler Fußgängerzone fotografierten, uns unbekannten Personen stellten, stieß sowohl auf nachdenkliche Zurückhaltung als auch auf Skepsis, weswegen einige Personen das Interview nach einiger Zeit abbrachen. Die erzählten Geschichten wollten wir jedoch nicht »verstummen« lassen, weswegen wir repräsentativ Schüler/-innen unseres Gymnasiums für drei Personen eingesetzt haben.
Die verschiedenen Fotografien ergeben das große Fragezeichen, welches wir alle in unserem Kopf haben. Die verschieden kleinen Bilder spiegeln Personen mit ihren Charakterzügen wider, die einen Menschen in besonderer Weise ausmachen. Aus all diesen spezifischen Einzelteilen und Facetten ergibt sich eine Identität – die eigene Identität. Alle Erlebnisse, alle Geschichten und alles, was wir denken und fühlen oder gefühlt haben, trägt zu unserer Identität bei. Jedes kleine Bild fügt sich zu einem großen.«
Lazaros Telidis (Q1): »Die künstlich-praktische Arbeit (Malerei in Acryl) mit dem Werktitel »Zwischen Wunsch, Hoffnung und Realität« bewegt sich im Themengebiet »Identität«, indem sie versucht, eine Grenze zwischen Wünschen/Träumen und Bedingungen der Realität zu ziehen. Unsere Gedanken und Gefühle reflektieren einen Teil unserer Identität, da diese eine individuelle Vorstellung davon zeigen, was jeder einzelne als »Ideal« für sich empfindet – hier geht es um das »ideale« Bild sowie berufliche Ziel eines Jugendlichen, Schiffskapitän zu werden. Doch gewisse gesellschaftliche Umstände lassen dies nicht zu.
Dies ist der Kern des Werks, nämlich der Umgang mit der kulturellen Identität der Menschen in unserer Gesellschaft. Der hier dargestellte Jugendliche mit Migrationshintergrund aus dem Kulturkreis »Afrika«, dessen künstlerische Umsetzung, insbesondere im Hinblick auf das Gestaltungsmittel »Farbe« von der Künstlerin Nasser Zadeh inspiriert wurde, hat ein weites Leben vor sich und möchte dieses nach seinen Wünschen gestalten. Doch in der Gesellschaft, in welcher sich der junge Mann bewegt, sind diskriminierende Vorurteile spürbar, die es dem Jugendlichen nicht erlauben, sein (berufliches) Lebensziel zu verfolgen.
Die angesprochenen Vorurteile beginnen in der Schule, wo (un-)bewusst Stereotype von Lehrer- und Schülerseite transportiert werden, welche Jugendliche emotional belasten und Minderwertigkeitsgefühle hervorrufen. Auch im Alltag werden die kognitiven Leistungen von Personen mit Migrationshintergrund, wie empirische Studien (nach J. Hagedorn) belegen, geringer eingestuft als von Personen ohne Migrationshintergrund, da die meist fehlenden sprachlichen Kompetenzen dieser Menschen lediglich zu einem Bildungsabschluss führen, der ihren eigentlichen Fähigkeiten nicht entspricht. Somit kommt es zu einem »Identitätsverlust« und der Jugendliche kann sein Lebensziel nicht erreichen; er bewegt sich in einer Welt ohne Orientierung – bildlich gesehen »auf der Straße«.«
Die Vernissage mit Preisverleihung findet am Samstag, den 23. Juli 2022, ab 14:00 Uhr im »Haus an der Redoute« statt. Als »Haus an der Redoute« (ehem. kurfürstliches Hoftheater) wird ein 1790 errichtetes Gebäude im Bonner Ortsteil Alt-Godesberg bezeichnet; die klassizistische Villa liegt an der Kürfürstenallee 1a (53177 Bonn) und fungiert heute als Außenstelle des Bonner Kunstmuseums. Wir freuen uns über zahlreiche Gäste.
Clara Schulte, Eva Tintelott, Fabian Schunk und Johannes Uhlenbroch sowie Lazaros Telidis gratulieren wir zu dieser besonderen Auszeichnung!
(Hun)